Studientag: Extreme Rechte & engagierte Wissenschaft
Extreme Rechte & engagierte Wissenschaft
In den letzten zehn Jahren ist international ein Erstarken extrem rechter Bewegungen und Parteien samt einer einhergehenden autoritären Formierung der Gesellschaft zu verzeichnen. Im Zuge dieser sich mehr und mehr zuspitzenden Entwicklung sind Wissenschaft und Hochschulen zu einem Feld des Kulturkampfs der extremen Rechten geworden.
Der Studientag Extreme Rechte & engagierte Wissenschaft zielt darauf ab, Studierenden und Mitarbeitenden der FAU aus wissenschaftlicher, journalistischer und zivilgesellschaftlicher Perspektive Informationen über die gegenwärtige extreme Rechte (mit Schwerpunkt auf die sogenannte Neue Rechte), über ihre Ideologien, Narrative, Strategien und Ziele, bereitzustellen. Darüber hinaus soll der Studientag Räume für Austausch und Vernetzung bieten, um gemeinsam eine deutliche, kritische Haltung gegen Rechts im Alltag und im Wissenschaftsbetrieb zu entwickeln. In diesem Sinne ist der Studientag auch als eine Brücke zwischen Universität und Zivilgesellschaft zu verstehen, da demokratische und antifaschistische Kräfte angesichts der politischen Entwicklung in Deutschland auf solidarische Zusammenarbeit in verschiedensten Formaten angewiesen sind.
Der Studientag Extreme Rechte & engagierte Wissenschaft ist eine Veranstaltung des Lehrstuhls für Pädagogik mit dem Schwerpunkt Organisationspädagogik mit Unterstützung des Lehrstuhls für Schulpädagogik mit dem Schwerpunkt Educational Governance und Educational Change und des Solinetz gegen rechts.
Wann? 10. & 11.07.2025
Wo? Bismarckstraße 1a, Erlangen
Der Einführungsvortrag am 10.07.2025 um 19 Uhr ist ohne Anmeldung zugänglich.
Freitag, 11.07.2025*
Zeit | Programmpunkt | ||
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09:00 – 09:45 |
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Workshop-Slot 1: Ideologien | |||
10:00 – 12:00 | Antifeminismus und extrem rechte Geschlechterpolitiken
Viktoria Rösch & Alia Wielens Antifeminismus ist ein zentrales Element (extrem) rechter Ideologien – und zugleich Teil des gesamtgesellschaftlichen Wissensvorrats. Der Workshop bietet Einblicke in geschlechterreflektierende Perspektiven auf Rechtsextremismus und stellt die Fragen: Was bedeutet rechte Geschlechterpolitik? Was beinhaltet sie – und welche Ziele verfolgt sie? Dabei wird auch eine historische Perspektive auf antifeministische Strukturen eröffnet, um Kontinuitäten sichtbar zu machen. Ein besonderer Fokus liegt auf aktuellen Dynamiken in sozialen Medien, insbesondere auf rechten Bildpolitiken und deren Wirkmacht. Zum Abschluss rückt die Hochschule als Handlungsfeld und Ort der Auseinandersetzung in den Mittelpunkt. Ziel ist es, ein grundlegendes Verständnis für Antifeminismus und seine Wirkungsweisen zu entwickeln – und dafür, warum Geschlecht eine zentrale Kategorie in der Analyse der extremen Rechten darstellt. |
„‚Großer Austausch‘, ‚White Genocide‘ und ‚Great Reset‘ – Die Verbindung von Antisemitismus und Rassismus im extrem rechten Verschwörungsdenken“
Laila Riedmiller Verschwörungsnarrative sind ein zentrales Element extrem rechter Agitation und Selbstlegitimation. Häufig verbinden sich in diesen Erzählungen verschiedene -ismen und Ideologieelemente, weil die Narrative unterschiedliche Feindkonzeptionen beinhalten: Die Idee einer insgeheim die Strippen ziehenden Elite baut auf antisemitischen Ressentiments auf, während die das völkische Kollektiv bedrohenden ‚externen‘ Feinde, bspw. Muslim*innen, häufig rassistisch aufgeladen sind. In diesem Workshop werden wir uns mit den Charakteristika von Rassismus und Antisemitismus auseinandersetzen und an konkreten und sich überlappenden Verschwörungsnarrativen – der Idee eines ‚Großen Austauschs‘, des ‚White Genocide‚ sowie eines angeblichen ‚Great Reset‚ herausarbeiten, wie sich Antisemitismus und Rassismus ergänzen und welche strategischen Vorteile die Kombination beider Ressentiments für die extreme Rechte birgt. |
Zwischen Verdrängung und nationaler Größe: Geschichtspolitik von Rechts
Daniela Schmohl & Jonas Kühne Nach jahrzehntelangen Kämpfen um Anerkennung der NS-Verbrechen in der deutschen Politik und Öffentlichkeit waren die vergangenen Jahre geprägt durch eine Vielzahl an neu errichteten Gedenkstätten zur Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus. Hinzu kamen Erinnerungsorte, die an das DDR-Unrecht erinnern. Gemeinsam sind diesen Orten, dass sie einen kritisch-selbstreflexiven Umgang mit der deutschen Geschichte pflegen und ihre Bildungsarbeit entsprechend ausgerichtet haben. Doch Geschichtspolitik ist schon immer ein umkämpftes Feld in der öffentlichen Auseinandersetzung gewesen und ist ständigen Veränderungen unterworfen. Rechte Organisationen und Parteien versuchen eigene Akzente zu setzen: weg von einer fragenden selbstkritischen Haltung und hin zu einer Erzählung nationaler Größe. Im Kontext der Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg 2024 und den multipolaren Krisen der vergangenen Jahre schauen wir auf die neuen Erinnerungskämpfe von Rechts und die Herausforderungen für die Erinnerungskultur. |
12:00 – 13:00 | Pause | ||
13:00 – 15:00 | Workshop-Slot 2: Netzwerke & Strukturen | ||
Strukturen der extremen Rechten allgemein und vor Ort
Dominik Sauerer Auch wenn sie sich aktuell in & hinter der AfD als ihren parlamentarischen Arm versammelt, ist die Extreme Rechte kein einheitlicher Block, sie besteht aus verschiedenen Strömungen, Organisationen und konkreten Akteuren. Was macht sie ideologisch aus? Welche Strukturen und Akteure sind in Erlangen, Nordbayern und darüber hinaus besonders wichtig und welche Rolle spielt die Universität? Wer ist mit wem vernetzt? Welche Gefahren gehen von ihnen aus? Wie können Gesellschaft und Politik darauf reagieren? Und zuletzt: Was kann eine progressive Zivilgesellschaft ihr entgegensetzen? Der Vortrag geht diesen Fragen nach und schafft einen Raum für Austausch und Diskussionen. |
Pädagogik und neue Rechte
Lukas Dintenfelder Dass Pädagogik ein Thema neurechter Diskurse ist, ist spätestens seit den Diskussionen um den Erziehungsratgeber Caroline Sommerfelds Teil erziehungswissenschaftlicher Debatten. Am Beispiel Schule soll dies im Workshop genauer betrachtet werden. Dafür setzen wir uns gemeinsam mit Primärmaterial aus neurechten Publikationen auseinander. |
Wissenschaftsfreiheit unter Druck? Rechte Angriffe auf Wissenschaft und Hochschule
Christiane Fuchs Der Rechtsruck in unserer Gesellschaft macht auch vor Hochschulen nicht Halt. Dabei kommen die Angriffe auf Wissenschaftler*innen und Studierende längst nicht mehr nur von außen, sondern auch aus der Wissenschaft selbst. Christiane Fuchs analysiert in ihrem Workshop den ambivalenten Umgang rechter Akteur*innen mit der Freiheit von Forschung und Lehre. Am Beispiel des sogenannten „Netzwerk Wissenschaftsfreiheit“ soll zudem aufgezeigt werden, wie reaktionäre Kräfte Wissenschaftsfreiheit instrumentalisieren, um machtkritische Wissenschaftsdisziplinen und kritische Wissenschaftler*innen zu diskreditieren. |
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15:00 – 15:30 | Pause | ||
15:30 – 17:30 | Workshop-Slot 3: Organizing und Widerstand | ||
Was tun? –Initiativen gegen extreme Rechte und autoritäre Formierung Podium Das Erstarken rechter Bewegungen und die autoritäre Formierung der Gesellschaft sind kein bloßer Gegenstand wissenschaftlicher Analyse und Debatte, sondern sie verweisen immer auf die Frage: Was tun? Diese Frage wollen wir nicht rein theoretisch diskutieren, sondern am Beispiel bereits bestehender zivilgesellschaftlicher Initiativen, die sich direkt mit der extremen Rechten und/oder indirekter mit den Auswirkungen (extrem) rechter Ideologien und Politiken in Erlangen, dem Umland und darüber hinaus beschäftigen. So soll der Blick darauf, was es heißen könnte, sich “gegen rechts” zu engagieren, in Richtung einer breiteren gesellschaftlichen Auseinandersetzung geweitet werden. |
Diskriminierung und rechten Parolen entgegentreten
Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Rassistisches, menschen- und demokratiefeindliches Verhalten gibt es überall: Am Familientisch, an der Kasse im Supermarkt und auch in Vereinen, Verbänden und Kulturgemeinden: An pauschale Lösungen zum Umgang mit rassistischen oder rechten Parolen und Verschwörungserzählungen ist nicht zu denken. Sie machen erstmal sprachlos. Uns fehlen oft die Erfahrung und die geeigneten Mittel, um dagegen zu halten. An diesem Punkt setzt der Workshop an: Statistiken oder standardisierte Argumente stehen dabei nicht im Vordergrund, sondern der Blick hinter die Kulissen: Wie funktioniert Rassismus, Diskriminierung, rechte Ideologie und Verschwörungsglaube? Was macht Parolen so wirkungsvoll und wie können wir darauf reagieren – gerade auch im Setting eines Stadtteilzentrums, das für Alle offen sein soll? Warum ist ein Eintreten für Demokratie auch immer ein Eintreten gegen Diskriminierung – und umgekehrt? Und wie kann diese Zivilcourage tagtäglich gelebt und gelehrt werden? Der Workshop informiert praxisorientiert über Rechtsextremismus, Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Verschwörungsglaube. Auf dieser Grundlage werden Strategien erarbeitet und ausprobiert wie eine eigene menschenrechtsbasierte Haltung gefestigt und nach außen getragen werden kann. |
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17:30 – open End | Ausklang und Austausch |
Anmeldung unter Studientag 2025
* Einlassvorbehalt: Die Veranstalter*innen behalten sich gem. § 6 VersG / Art. 10 BayVersG vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.