Forschung

Institutionalisierung von Wissen im Wandel. Eine ethnographische Untersuchung von NS-Gedenkstätten als Akteure und Arenen der Wissensbegegnung (INWIWA)

Im Rahmen des DFG-Projekts Institutionalisierung von Wissen im Wandel (InWiWa) werden Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus (NS-Gedenkstätten) als pädagogische Einrichtungen erforscht. Angenommen wird dabei, dass NS-Gedenkstätten eine jeweils spezifische Praxis der historisch-politischen Bildungsarbeit hervorbringen, die sich organisationsgeschichtlich und organisationskulturell unter anderem in der Professionalisierung des Personals, der alltäglichen (Vermittlungs-)Praxis wie auch in der räumlich-materiellen Gestaltung der Einrichtung ausdrückt. Die in der pädagogischen Praxis der NS-Gedenkstätten jeweils eigenlogische Relationierung von Gedenken und Wissensvermittlung steht dabei der affirmativen Annahme entgegen, vorhandenes, räumlich verortetes Wissen sei per se bereits (in einem guten Sinne) wirksam. Mithilfe eines organisationsethnografischen Forschungsdesigns soll folglich die konkrete organisationale und institutionelle Verfasstheit des pädagogischen Umgangs mit historisch-politischem Wissen durch NS-Gedenkstätten untersucht werden. Dabei werden diese als Arenen und Akteure der Wissensbegegnung verstanden, die mit der Aufgabe konfrontiert sind, eine „Erziehung nach Auschwitz unter veränderlichen Bedingungen“ (Andresen et al.) – auch vermittelt über Konflikte und Transformation – zu realisieren.

Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.

https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/497134399

Projektlaufzeit: April 2023 bis März 2026

Projektleitung: Prof. Dr. Nicolas Engel

Projektmitarbeiter: Daniel Günther, MA

Bisherige Publikationen:

Bretting, Johannes/Engel, Nicolas (2021): Demokratie organisieren. Zur Rolle und Funktion von NS-Gedenkstätten als Agentinnen gesellschaftlicher Transformation. In: Vierteljahresschrift für wissenschaftliche Pädagogik.

Engel, Nicolas (2021): Wissensbegegnung. Zur Vermittlung von Wissen unter Bedingungen postglobaler Verunsicherung. In: Thompson, Christiane et al. (Hg.): Erziehungswirklichkeiten in Zeiten von Angst und Verunsicherung.

May Blombach

Institutionalisierung ‚neuer‘ Formen der Arbeitsorganisation. Eine Ethnographie zu Möglichkeiten und Grenzen ‚humaner‘ Arbeitsutopien (Arbeitstitel)

Mein Dissertationsprojekt befasst sich mit der Entstehung und Entwicklung von Organisationen im Kontext gesellschaftlicher Transformationsdynamiken. Verstanden als Sozialgebilde, müssen Organisation nicht nur auf gesellschaftliche Zustände und Veränderungen eingehen und sich ihnen anpassen, sondern sie gestalten diese selbst aktiv mit (Gesellschaftlichkeit der Organisation, vgl. Türk 1997).

Vor diesem Hintergrund gilt mein Forschungsinteresse aktuellen Veränderungen, welche das Konzept, die Diskurse sowie Praktiken von Arbeit(sorganisation) in westlichen, von Büroarbeit dominierten Arbeitskontexten betreffen. Die ethnographische Feldforschung findet in Wirtschaftsunternehmen statt, die sich im Kontext gesellschaftlicher Veränderungsdiskurse dadurch hervorheben, dass sie Formen ‚neuer‘ Arbeitsorganisation und Organisationsgestaltung aus dem Selbstverständnis unternehmerischer Verantwortung sowie dem Ideal einer ‚besseren‘, ‚nachhaltigen‘ und ‚zukunftsfähigen‘ Wirtschaft und Gesellschaft heraus anstreben. Mich interessiert, wie sich dabei ‚alte‘ Formen der Arbeitsorganisation deinstitutionalisieren, während sich ‚neue‘ Formen institutionalisieren: Welche Diskurse um ‚neue‘ und ‚humane‘ Arbeit werden unter historisch gewachsenen, kulturellen Bedingungen von den Unternehmen aufgegriffen und verhandelt? Und inwiefern entsprechen sie nicht einfach normativen Vorgaben und gesellschaftlichen Erwartungen, sondern gestalten diese aktiv mit, indem sie sich selbst als Arbeits- und Lernwelten institutionalisieren? Dabei fokussiere ich aus perspektive pädagogischer Organisationsforschung nicht nur auf organisationale Praxis als organisationales Lernen, sondern frage auch nach den Möglichkeiten und Grenzen einer „effektiven und humanen“ (Göhlich et al. 2014) Organisationsentwicklung.

Johannes Bretting

Konflikte der Institutionalisierung – eine organisationspädagogische Betrachtung von NS-Gedenkstätten als pädagogische Einrichtungen (Arbeitstitel)

Gedenkstätten sind in den letzten 30 Jahren zum zentralen Bestandteil der „kulturellen Grundausstattung“ der Bundesrepublik Deutschland geworden. Dieser Prozess der Institutionalisierung der NS-Gedenkstätten als pädagogische Einrichtungen und die Entwicklung der Gedenkstättenpädagogik als eigenständiges pädagogisches Handlungsfeld wird vor allem über die ‚Authentizität‘ der ehemaligen Tatorte begründet. Was in der erziehungswissenschaftlichen Forschung jedoch bislang keine zentrale Rolle gespielt hat, ist die organisationale Dimension der pädagogischen Arbeit von NS-Gedenkstätten und die damit verbundenen Konflikte der Institutionalisierung. Dies in den Blick zu nehmen, markiert das zentrale Desiderat, welches in meiner Arbeit aus einer organisationspädagogischen Perspektive bearbeitet werden soll, indem danach gefragt wird, wie NS-Gedenkstätten als pädagogische Einrichtungen Konflikte der Institutionalisierung der Gedenkstättenpädagogik organisieren?

 

Alia Wielens

Verhandlungen pluraler Erinnerungs- und Wissensverhältnisse im transnationalen Kontext (Arbeitstitel)

In ihrem Promotionsprojekt interessiert sich Alia Wielens für die Verhandlungen pluraler Erinnerungs- und Wissensverhältnisse im transnationalen Kontext. Mittels einem wissens- und geschlechtersoziologisch- intersektionalen Ansatz und in einer ethnographischen Perspektive forscht sich an französischen Mémorials (Gedenkstätten). Dabei geht es unter anderem um die Frage, wie die verschiedenen Mémorials mit der Verhandlung verschiedener Erinnerungen und Narrative umgehen.